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Rendezvous im Regen

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Eigentlich ist es nicht gerade das angenehmste Wetter. Aber mich stört es ja nicht. Ich sitze ja im Auto, genieße die schöne Radiomusik. Ich habe ausnahmsweise mal das Radio etwas lauter gedreht, um das Prasseln des Regens zu übertönen.

Eigentlich missfällt es mir, daß ich gleich aussteigen soll, zu ihrer Tür gehen soll und dann klingeln und warten soll. Und all das in strömendem Regen. Obwohl, eigentlich muß ich ja nicht. Ich brauche ja nur zu hupen und kann im Wagen warten, bis sie kommt.
Na also, Problem gelöst.

Danach fällt per Zufall mein Blick in den Spiegel und da er leicht verstellt ist sehe ich den Regenschirm auf der Rückbank liegen. Also kann ich doch - ganz gentlemanlike - an ihre Tür gehen und sie und mich trocken zum Wagen geleiten. Perfekt.

In diesem Augenblick fahre ich auch schon ihre Einfahrt hinauf. Ich parke den Wagen, schnappe mir den Regenschirm und steige aus. Dann gehe ich schnurstracks zur Tür.

Ich klingele. Einmal. Nein, zweimal. Wenn ich mich recht entsinne auch noch ein drittes Mal. "Mein Gott, wie lange Frauen immer so brauchen!", denke ich. "Das kann bestimmt nichts werden!", ist sogleich meine Schlußfolgerung. Dann öffnet sich die Tür einen Spalt breit und ich sehe einem Gesichtsteil mit einem Auge entgegen und dazu höre ich die Frage "Wer ist da? Was wollen Sie?". "Können Sie sich denn nicht mehr daran erinnern sich mit mir verabredet zu haben?" "Nein, eigentlich hatte ich Heute nichts vor." So allerdings sieht ihre Frisur - oder das was davon zu erkennen ist - auch aus! Geschockt stehe ich da und werfe einen verzweifelten Blick auf das Namensschild am Klingelknopf. "Meyer" steht da. Dann habe ich mich geirrt. "Entschuldigen Sie, ich habe mich geirrt. Wollte eigentlich zu Müller", sage ich ihr mit festem, überzeugtem Ton. Hierauf geht die Tür zu und ich beeile mich um an den anderen Eingang des Doppelhauses zu kommen.

Dort angelangt, versichere ich mich erstmal, ob ich nun bei Müller bin. "Jawohl", sage ich mir entschlossen und klingele. Einmal. Nein, zweimal. Wenn ich mich recht entsinne war es sogar dreimal. Jetzt fällt mir auch wieder ein, daß ich noch ein viertes Mal klingeln mußte. "Mein Gott, braucht diese Frau lange!", schimpfte ich. "Das kann garantiert nichts werden!"
Dann öffnet sich die Tür wieder einen Spalt breit und man sieht einen Kopf mit Handtuchturban. In der Hand sieht man einen Fön. "Das sieht aus wie ein arabischer Ölscheich mit Knarre", denke ich und vernehme auch hier wieder die Frage, wer dort sei.

Ich frage wieder nach ob sie sich den nicht erinnern könne sich mit mir verabredet zu haben. "Wenigstens scheint sie in den Vorbereitungen zu stecken um mit jemanden ausgehen zu können!", resümiere ich.

Sie läßt mich nach dem Hereinkommen noch ein paar Minuten warten. Ich sitze aber mindestens ein akademisches Viertel in irgendeiner unbequemen Sitzgelegenheit von der ich schon damals nicht wußte, was es überhaupt war: ein Stuhl oder Sessel kann's jedenfalls nicht gewesen sein, ein Hocker aber auch nicht denn man konnte sich kurioserweise anlehnen!
Dann konnten wir endlich abfahren. Ich muß noch hinzufügen, dass ich meinen Schirm dann doch bei ihr in der Wohnung vergaß.

Während der Fahrt gab's wenig herzliches dafür aber viel Regen auf der Frontscheibe!
Wir kamen dann vor dem Restaurant an, parkten und stiegen logischerweise aus. Am Eingang vergewisserte ich mich, daß es auch das richtige Restaurant war. In der Dunkelheit sehen ja alle Restaurants gleich aus.

Als wir an unseren reservierten Tisch kamen standen schon Teller bereit. Ich kann bis heute nicht sagen ob es eine verhunzelte Vorspeise oder der Teller vom letzten Gast vor uns waren jedenfalls bemühte man sich das Ganze möglichst schnell abzuräumen. Man empfahl uns ebenso schnell zu bestellen. Dies taten wir dann auch, da wir Hunger hatten.

Eigentlich hätte ich ja gerne eine brennende Kerze gehabt aber unglücklicherweise hatte der Kellner kein Feuerzeug geschweige denn Streichhölzer gehabt und zu allem Unglück kam noch die Tatsache das dies ein Nichtraucherrestaurant war und man somit nicht damit rechnen konnte, daß überhaupt jemand ein Feuerzeug dabei hatte.

Man konnte es auch erahnen, da sämtliche Kerzen auf den Tischen nicht in Betrieb waren.
Jedenfalls nahm ich mir fest vor das nächste Mal das olympische Feuer zu importieren. Mit seiner Größe bräuchte man im ganzen Restaurant keine Kerze mehr (falls man überhaupt noch etwas brauchen sollte)!
Auch hier gab es wenig Herzliches dafür aber auch herzlich wenig. Wenn man es genau bedenkt konnte man bei den Preisen auch nicht viel erwarten!

Zum Abschluss des Abends brachte ich sie nach Hause. Wir sprachen kein Wort miteinander. Auch später haben wir nie wieder miteinander gesprochen. Sie lebt übrigens immer noch in ihrer Doppelhaushälfte. Jetzt fällt mir übrigens ein, wo ich meinen Schirm gelassen habe. Das hat sie schön hin bekommen. Ich wette, die war von Anfang an nur auf meinen Regenschirm scharf!
© 2024 Dennis Wendt