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Das Glück liegt auf der Straße

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Das Glück liegt auf der Straße, man muß es nur aufheben", habe ich neulich bei einem Sonntagnachmittagsspaziergang mit der Familie meinem kleinen Bruder erklärt. Nach einigen Minuten intensivster Suche befand er: "Man findet aber gar nichts!" "Vielleicht muß man etwas gezielter danach suchen!", meinte ich anschließend. Da nun auch mein Interesse geweckt worden war, ich auch gerade Zeit hatte, begann ich also mit der gezielten Suche nach dem Glück, welches ja bekanntlich auf der Straße liegen sollte.

Zuerst versuchte ich es vom Bürgersteig aus - wegen der Autos. Leider fand ich dort nichts.

Vielleicht lag es an der Entfernung oder der Betrachtungswinkel stimmte nicht, jedenfalls war wirklich beim besten Willen einfach nichts zu entdecken.

Als nächstes habe ich es direkt auf der Straße versucht. Natürlich nur auf relativ unbelebten Nebenstraßen. Trotzdem wurde ich hin und wieder von einigen motorisierten Fahrzeugen - Autos eben - durch ein lautes akustisches Signal - wahrscheinlich der Hupe eben jener Autos - unterbrochen. Leider vergaß ich vor Schreck oftmals, mir zu merken, wo ich war. So kann es hier und da passiert sein, daß ich einen gewissen Straßenabschnitt gar nicht oder nur unzureichend durchsucht habe.

Dann hatte ich die Idee, meine Suche auf die Nacht zu beschränken, was aber schon wegen den Lichtverhältnissen scheiterte.

Einmal jedoch fand ich tatsächlich etwas - oder besser jemanden - auf der Straße. Ein Mädchen war hingefallen und lag nun quer über der Fahrbahn. Da ich derzeit solo war, somit also zum Glück kein Eifersuchtsdrama auslösen konnte, beschloß ich, dem Mädchen aufzuhelfen. Sie bezeichnete dies als Glück, denn offensichtlich hatte sie Schmerzen, konnte auf jedenfalls nicht allein aufstehen und zumindest an den Straßenrand gehen. Ich half ihr also dabei. Mein Interesse für dieses Mädchen jedoch hielt nicht lange an, denn ich war ja noch auf der Suche nach dem Glück, welches auf der Straße liegen sollte.

Ich suchte also weiter. Wenn dann ein freundlich aussehender Passant vorbeikam, der mir auch noch wissend erschien, hielt ich diesen an und fragte höflichst: "Entschuldigung, aber haben Sie hier irgendwo das Glück auf der Straße liegen sehen?" Oftmals fragten jene Passanten erstmal zurück, ob dieses Glück irgendwelche besonderen Merkmale habe. "Tut mir leid, aber wenn ich wüßte, wie dieses Glück aussehen soll, würde ich wahrscheinlich mehr Glück bei meiner Suche haben." "Also dann, einen schönen Tag und viel Glück bei der Suche noch!", kam meist als Antwort. Demnach sind Passanten vielleicht wissend, wenn es um eine Wegbeschreibung geht, aber sicherlich seltener wenn es um das Glück geht.

Dann fand ich bei der Suche zehn Pfennig, welche mir noch zu einem kühlen Getränk fehlten, denn es war ein recht warmer Tag und außerdem war mir von der ganzen Suche schon recht heiß geworden. Ich kaufte also mein Getränk, welches ich aus den eben genannten Gründen auch recht schnell zu leeren vermochte. Dann ging die Suche weiter, denn schließlich hatte ich besagtes Glück, welches auf der Straße liegen sollte noch immer nicht entdeckt.

Da ich jedoch während meiner Suche sehr genau auf die Straße schaute, merkte ich nicht, wohin ich lief und ich bemerkte auch nicht, daß immer dunklere Wolken aufzogen. Eigentlich dachte ich, es wäre die einbrechende Dunkelheit, tatsächlich aber waren es Regenwolken. Zum Glück kam ich durch Zufall kurz bevor es wie aus Kanten zu gießen begann, vor meiner Haustür an.

Ich bemerkte, daß mir von der anstrengenden Suche die Füße weh taten. Aber zum Glück hatte ich in der Wohnung genug entspannende Möbelstücke zum Ausruhen.

Ein paar Tage später treffe ich einen der Passanten, welche ich gefragt hatte wieder. Wir halten kurz an, grüßen uns und er fragt: "Und etwas Glück gehabt?" "Nein, nicht wirklich", antworte ich seufzend.
© 2024 Dennis Wendt